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Glücklicher Hund, glücklicher Mensch?

Eigentlich ist diese Frage ein bisschen gemein.
Weil sie kaum zu beantworten ist.
Weil jeder Hund und jeder Mensch so unterschiedlich ist.
Weil sie vielleicht mit Deinen Ängsten und Sorgen um das Wohlbefinden Deines Hundes spielt.
Ich stelle sie Dir heute trotzdem.
Weil sie auch mich immer wieder umtreibt.

Würde ich meine Hündin fragen, was sie gerne hätte um glücklich zu sein würde ich wahrscheinlich recht extreme Antworten erhalten.
Schnee. Jeden Tag zwei Stunden rennen und sechs Stunden wandern. Berge von Futter. Bis zum Erbrechen. Menschenbad (wie Bällebad, nur mit Menschen. Und Kindern bitte. Wortwörtlich Vollkontakt.). Hundebad (siehe Menschenbad). Keine Leine, kein Rückruf, im Prinzip sollte ich mir keine Sorgen machen, sie würde schon bei mir bleiben, sie hat ja auch eine sehr gute Nase und findet mich überall wieder. Und statt im Auto mitzufahren würde sie lieber frei daneben laufen. Gar kein Problem.

Wenn Du mich fragst? Ein entspannter Hund würde mich glücklich machen. Wenn sie gelassen an der Leine gehen kann, obwohl sie sich dadurch eingeschränkt fühlt. Eine gute Kontrolle, damit ich ihr möglichst viel Freiheit geben kann, ohne die Freiheit anderer einzuschränken oder zu berühren. Noch mehr Gelassenheit, wenn ich nicht sechs Stunden wandern und zwei Stunden Radfahren kann, weil ich halt doch auch mal andere Dinge zu tun habe. Ein zufriedener Hund, auch wenn ich allein Dinge unternehmen möchte oder die Entscheidung treffe, dass es für sie besser ist, zuhause oder im Auto zu warten.

Und wenn Du mir die Frage aus meiner Trainerperspektive stellst, braucht es meiner Meinung nach einen ganzheitlichen Blick auf die Bedürfnisse eines Hundes. Und auf die seines Menschen. Denn jeder von uns lebt unterschiedliche Leben, hat unterschiedliche Werte und jeder von uns hat eben auch einen sehr individuellen Hund. Genetik, Rasse und Charakter stellen uns vor unterschiedliche Ansprüche.
Und jeder von uns lebt in gewissen äußeren Umständen, die wiederum dafür sorgen, dass ich die Bedürfnisse von mir und meinem Hund unterschiedliche stark begrenzen muss.
Das heißt seine Neugier einschränken, seine Kontaktfreudigkeit, seine Lust am Rennen, Jagen, Toben.
Die Beziehung zwischen euch legt den Grundstein. Vertrauen und Orientierung, beides ist von Nöten wenn man einen Hund erziehen möchte.
Dort, wo aus Hoffnung auf ein glückliches und harmonisches Zusammenleben Grenzen nicht gesetzt oder bedenkliches Verhalten einfach ignoriert wird gibt es vielleicht kurzfristig weniger Reibung. Aber langfristig leider auch weniger Freude. 
Leider sitzen die meisten Hunde nicht aus einem Mangel an Liebe im Tierheim, sondern aus einer fehlenden Bereitschaft, sich mit Erziehung adäquat und ernst zu beschäftigen.
Das kennt nämlich jeder Hundebesitzer, dieses Gefühl, wenn der eigene Hund einen grade so richtig doof findet, wenn er unsere Entscheidung nicht versteht oder nicht ernst nimmt. Wenn es einen Weg gäbe, das zu vermeiden, wären wir wahrscheinlich alle dabei.

Im Training nehmen wir uns aber mal genau diese Themen vor.  So individuell wie möglich, unter Berücksichtigung aller Punkte. Kontrolle, Freiheit, Lernverhalten, Gesundheit, Freude, Frustrationstoleranz... 
Je nach Stand und Alter Deines Hundes steht vielleicht erstmal die Kontrolle im Vordergrund, frei lassen kann (fast) jeder, Freiheit schenken kann nur der, der sie im Zweifelsfall auch beschränken kann.

Und in der Beschäftigung fördern wir Deinen Hund dort, wo sie besonders viel Spaß haben oder wo vielleicht besondere Defizite liegen.

Eine Beziehung und ein gemeinsames Leben bestehen nicht nur aus glücklichen Momenten. Da gibts auch mal Langeweile, Frust, unangenehme Gefühle, man ist mal genervt vom Gegenüber und man muss immer mal aus seiner eigenen Komfortzone raus.
Aber wenn man ein Gefühl dafür kriegt, wie man eine Beziehung gemeinsam so gestalten kann, das am Ende eben auch Freude mit- und aneinander im Vordergrund stehen, dann würde ich sagen, dass beide Seiten sehr glücklich sein können.
Miteinander.